
Nachlese: Food Crash - Prinz zu Löwenstein kritisiert Agrarindustrie
Wir verbrennen ein Strohfeuer - Prinz zu Löwenstein kritisiert Agrar- und Chemieindustrie
Der Vortrag hätte kurz sein können: "Naturland"-Landwirt Dr. Felix Prinz zu Löwenstein zeichnete die vermeintlich unwiderlegbare Argumentationskette der Agrar- und Chemieindustrie nach: steigende Erdbevölkerung, eine nicht zu vergrößernde Ackerfläche und damit die logische Schlussfolgerung, dass die Produktivität durch Düngemittel und Gentechnik gesteigert werden muss. Doch der Referent kam in der VHS Osnabrück zu einem anderen Ergebnis: "Wir verbrennen ein Strohfeuer."
"Food-Crash: Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr", lautete der Titel des Vortrags, den Löwenstein im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Entwicklungspolitik gescheitert?" des Colloquiums Dritte Welt hielt. Seine These: "Die Agrarindustrie verhindert nicht Hunger, sie produziert ihn." Der Vortrag des Wissenschaftlers umfasste im Wesentlichen drei Glieder. Zunächst: Es geht nicht um Produktivität. Eine Rechnung, die Löwenstein aufmachte, lautete: Wenn die gesamte Weltbevölkerung ungefähr den Fleischverzehr wie die Bundesbürger hätten, dann würde die weltweite Getreideproduktion ausschließlich "im Futtertrog landen". Kurz: So produktiv kann die Landwirtschaft nicht sein, zumal die Ackerfläche jährlich kleiner wird. Glied zwei: Die Hochleistungslandwirtschaft ist ineffizient. Sie ist extrem energieintensiv und trägt etwa durch die Stickstoffproduktion zu Klimawandel sowie Umweltverschmutzung bei.
Bleibt mit Alternativlösungen Glied drei. Löwenstein nennt sie die "Ökologische Intensivierung". Denn überraschenderweise sind es die Kleinbauern (laut Definition mit Ackerflächen unter zwei Hektar), die 70 Prozent der Nahrungsmittel weltweit produzieren und dabei vergleichsweise ressourcenschonend arbeiten. Der Wissenschaftler hatte zudem Beispiele von den Philippinen und aus Afrika parat, wo Bauern mit biologischen Lösungen ihre Erträge steigern konnten. Doch hier liegt laut Löwenstein eins der Probleme: Die Agrar- und Chemieindustrie greift diese Methoden nicht auf, weil sie kein Produkt verkaufen kann.
Sein Vorschlag lautete schließlich, dass ökologische und konventionelle Landwirtschaft um die beste Lösung konkurrieren. Doch das wäre nur möglich, wenn die Endprodukte nicht nur die Herstellungs- sondern auch die Folgekosten für die Allgemeinheit widerspiegelten. "Die Preise müssen der ökologischen Wahrheit entsprechen", verdeutlichte der Wissenschaftler. Und der darauf folgende Schritt: Die Methode, die weniger Nebenkosten verursacht, erhält einen finanziellen Ausgleich.
(Henning Müller-Detert)